MS und Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Multiple Sklerose (MS) ist eine neurologische Autoimmunerkrankung, deren Prävalenz in Deutschland zwischen 2009 und 2015 um 30 % zugenommen hat

Man vermutet, dass für diesen Anstieg Umweltfaktoren eine wichtige Rolle spielen. Auch die Allergie-Prävalenz nimmt stetig zu, was auf einen möglichen Zusammenhang zwischen MS und Allergie/Atopie hinweisen könnte. Eine der umfangreichsten Untersuchungen wurde kürzlich im Multiple Sclerosis Center in Boston durchgeführt (Fakih et al J Neurol Neurosurg Psychiatry 2019; 90: 629-635).

1349 Patienten mit MS wurden zu Umwelt-, Nahrungsmittel- und Medikamenten-Allergien befragt und entsprechend in allergische und nicht-allergische Gruppen unterteilt.
Die MS-Krankeitsaktivität der verschiedenen Gruppen wurde über 2 Jahre klinisch und radiologisch beurteilt. Allein die Gruppe der „Nahrungsmittelallergiker“ zeigte eine signifikant erhöhte Rezidivrate sowie eine doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit, neue MS-Läsionen zu entwickeln. Einschränkend ist zu bemerken, dass die „Nahrungsmittelallergien“ nicht medizinisch diagnostiziert wurden. Die Einteilung beruhte allein auf den Angaben der Patienten, so dass hier mit hoher Wahrscheinlichkeit neben Allergien auch weitere Formen der Nahrungsmittelunverträglichkeiten erfasst wurden (wie z. B. Laktoseintoleranz).

Da eine pädiatrische Studie zuvor keinen Zusammenhang zwischen MS und Nahrungsmittelallergien gezeigt hatte (bei allerdings nur 9 Patienten: Bourne et al. J Neurol Sci. 2017; 375: 371-375), vermuten die Autoren, dass nicht-allergische Unverträglichkeiten, Veränderungen des Mikrobioms und letztlich eine gestörte Darmbarriere die Hauptursache für die selbstberichteten Nahrungsmittelunverträglichkeiten bei erwachsenen MS-Patienten sein könnten.
Unterstützt wird dieser Zusammenhang durch die Beobachtung, dass MS-Patienten von einer gezielten Ernährungsberatung und einem anti-inflammatorischem Lebensstil (Einnahme entzündungshemmender Nahrungsmittel) profitieren (Riccio und Rossano, ASN Neuro 2015; 7: 1759091414568185).
Auch wenn der Zusammenhang zwischen Ernährung und MS bisher nicht im Detail verstanden ist, sprechen damit die verfügbaren Daten dafür, dass sowohl Nahrungsmittelunverträglichkeiten (Labordiagnostik siehe Analysen 161 ff., Schein „Spezielle Immundiagnostik“) als auch die Darmbarrierefunktion (messbar über IFABP im Serum; Analyse 182) die Krankheitsaktivität beeinflussen können.